Nicht erst seit der Pandemie ist der Elternalltag stressbelastet. Zwischen beruflichen Verpflichtungen, den Bedürfnissen der Kinder, dem Haushalt und dem Schul- oder Kindergartenalltag bleibt kaum mehr Zeit für Erholungs- oder Freizeitphasen. Die Stressbelastung ist entsprechend hoch, was nicht nur die allgemeine Lebenszufriedenheit mindern kann, sondern auch einen Risikofaktor für unterschiedlichste physische wie psychische Erkrankungen darstellt. Wie also lässt sich dem Stress entgegenwirken?
Tagesplanung und Tagesabschluss
Vielfach arbeiten Eltern bereits mit einer gewissen Tagesplanung. Doch meist beschränkt diese sich darauf, Termine in einen Kalender einzutragen. Wirklich effektiv wird es jedoch erst, wenn die Organisation engmaschiger gestaltet wird. Das soll indes keineswegs bedeuten, Spielzeiten der Kinder o.ä. im Voraus zu beschränken. Kern der Organisation ist es vielmehr, alle anfallenden Aufgaben als Termine zu verstehen. Erläutern lässt sich dieser Ansatz besonders gut am konkreten Beispiel.
Stehen bisher lediglich die Aufgaben Kochen, Arbeit, Wäsche, Kinder in die Schule bringen, Kinder von der Schule abholen, Kinder zum Sport bringen, Kinder vom Sport abholen im Kalender, setzt ein organisierter Tag auf Termine. Diese könnten etwa wie folgt aussehen:
- 07:30: Kinder zur Schule bringen
- 09:00-12:00: Meeting bei der Arbeit
- 12:00-12:30: Mittagspause
- 12:30-14:00: Arbeit
- 14:30: Kinder von der Schule abholen
- 14:45: Kochen und Mittagessen
- 15:30: Wäsche
- 16:00: Kinder zum Sport bringen
- 17:30: Wäsche
- 18:00: Kinder vom Sport holen
- 18:30: Kochen und Abendessen
Daran, dass es sich um einen straffen Tag handelt, der vermutlich anstrengend sein wird, ändert die Terminierung der einzelnen Aufgaben zwar nichts; sie macht aus dem unüberschaubaren Chaos jedoch eine To-do-Liste, die gleich viel weniger furchterregend aussieht. Darüber hinaus lassen sich ineffektive Planungen, schlechte Verteilungen von Aufgaben und ähnliche Probleme bei einer detaillierten Tagesplanung deutlich leichter erkennen.
Doch damit nicht genug: Nehmen Sie sich am Abend zusätzlich die Zeit, alle erledigten Punkte abzuhaken. Häufig unterschätzen wir, was wir geleistet haben, und erfahren deshalb kaum Selbstwirksamkeit – was wiederum zu Stress führt. Lassen Sie den Tag hingegen Revue passieren und führen eine Das-habe-ich-geschafft-Liste, sehen Sie, wie viel Sie tatsächlich geleistet haben.
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Bewusste Auszeiten nehmen – Stress reduzieren im Elternalltag
In den meisten Fällen wird das jedoch nicht genügen, um Stress effektiv zu mindern und den Alltag spürbar angenehmer zu gestalten. Hierzu sind auch bewusste Auszeiten nötig, die nur der Beschäftigung mit eigenen Interessen dienen. Worum es sich dabei genau handelt, ist unerheblich – wichtig ist nur, dass es Ihnen gefällt und nicht mit weiterem negativen Stress einhergeht.
Vielleicht nehmen Sie sich seit Monaten immer wieder vor, endlich wieder einmal joggen zu gehen oder einen entspannten Abend in der Badewanne zu verbringen, schaffen es letztlich jedoch nie. Auch hier hilft es, mit festen Terminen zu arbeiten: Priorisieren Sie Ihre eigenen Bedürfnisse und machen Sie einen Termin mit sich selbst aus! Was zunächst möglicherweise albern klingt, funktioniert in der Praxis erstaunlich gut. Wir neigen nämlich dazu, Aufgaben, die wir uns fest vorgenommen haben, auch erledigen zu wollen. Effektiv genutzt werden die bewussten Auszeiten mit Yoga-Übungen.
Stressoren ausfindig machen
Spüren Sie nur ein diffuses Gefühl von Überlastung und Stress, kann es hilfreich sein, einmal Ausschau nach den belastendsten Stressoren zu halten: Was genau stresst Sie so sehr? Gehen Sie einmal Ihren gewöhnlichen Tagesablauf durch und befragen Sie jeden einzelnen Punkt darauf, wie sehr er Sie belastet. Lassen Sie sich dabei nicht von scheinbar sachlichen Wertungen lenken, sondern achten Sie rein auf Ihr subjektives Stressempfinden. Neuere Stresstheorien gehen davon aus, dass Stress ein subjektives Phänomen ist und unterschiedliche Situationen von unterschiedlichen Personen hinsichtlich des Stressfaktors ganz verschieden bewertet werden.
Haben Sie herausgefunden, wo genau das Problem liegt, können Sie gezielt Veränderungen vornehmen. Das wiederum ist in der Regel deutlich effektiver als ein Herumstochern im Nebel eines diffusen Stressgefühls. Möglicherweise kommen Sie auch zu dem Schluss, dass es nicht konkrete Ereignisse sind, die Sie unter Druck setzen, sondern die Fülle an Aufgaben – auch in diesem Falle können Sie wesentlich konkreter nach Lösungen suchen als zuvor.
Emotionen wahrnehmen und zulassen
Bei alldem ist es von zentraler Bedeutung, dass Sie Ihre eigenen Bedürfnisse ernst nehmen. Ein erster Schritt in diese Richtung besteht darin, die eigenen Emotionen wahrzunehmen und zuzulassen. Sie fühlen sich überfordert? Sie haben Angst? Manchmal sind Sie unzufrieden mit Ihrem Alltag? Drängen Sie die aufkommenden Emotionen nicht weg, sondern spüren Sie genau hin. Das Ausblenden des eigenen emotionalen Erlebens mag zwar kurzfristig vorteilhaft erscheinen, ist auf Dauer jedoch kontraproduktiv: Emotionen verschwinden nicht, wenn wir sie ignorieren. Außerdem führt ein Weg, der über das Ignorieren der eigenen Wünsche und Bedürfnisse führt, nur selten zum individuellen Lebensglück.
Nehmen Sie sich also Zeit und schenken Sie Ihrem Erleben Aufmerksamkeit. Beschäftigen Sie sich mit Ihren Emotionen. Woher kommen sie? Worauf deuten sie hin? Bewerten Sie das Erleben dabei zunächst nicht, sondern nehmen Sie es einfach wahr. Im nächsten Schritt können Sie sich dann mit der Botschaft der Emotionen befassen und nach konstruktiven Lösungswegen suchen.
- Janis-Norton, Noël (Autor)
Mittelwege beschreiten
Für viele Menschen bestehen konstruktive Lösungen zumindest zum Teil darin, sich von Extremen zu verabschieden und stattdessen Mittelwege zu beschreiten: Nicht alles muss perfekt sein, nicht alles ist entweder vollkommen gelungen oder vollkommen misslungen. Wahrscheinlich wird es Ihnen schwerfallen, sich vom Perfektionsstreben zu verabschieden; doch möglicherweise besteht darin ein Weg zu weniger Stress und mehr Zufriedenheit.
Fazit: Weniger Stress im Elternalltag
Es gibt kein Patentrezept gegen Stress im Elternalltag. Doch mit einigen kleinen Veränderungen, die auf die jeweilige Lebenssituation abgestimmt sind, lässt sich meist bereits viel erreichen. Organisation, Achtsamkeit und Offenheit für unkonventionelle Wege sind für viele Eltern der Schlüssel zur Stressreduktion sowie zu einem insgesamt harmonischeren Alltag.